Angekommen im Kloster
Aktualisiert: 18. Dez. 2024
Auf Anregung von Freundeskreis-Beirätin und Fotografin Monika Wrba, fand im Spätsommer ein Interview zusammen mit Journalist und Freundeskreis-Beirat Toni Hötzelsperger und Sr. Regina in unserem Kloster statt. Das Interview erschien am 11.12.2024 - dem Tassilo-Gedenktag - in diversen Tageszeitungen unserer Region:
Frauenwörth im Chiemsee (hö) - Mit 50 Jahren in ein Kloster einzutreten ist sicher nichts Alltägliches, auch nicht für das Benediktinerinnenkloster Frauenwörth im Chiemsee. Für Regina Hessler aus einem kleinen Dorf aus Niederösterreich, im sogenannten „Land der tausend Hügel“ (Bucklige Welt). Jeweils 90 Kilometer südlich von Wien und nördlich von Graz war das ein besonderer Schritt vor sechs Jahren. Inzwischen hat die 56jährige am Tag des Hochfestes des Heiligen Benedikt die Ewige Profess abgelegt.
Im Klosterinnenhof trafen wir uns mit Schwester Regina zusammen mit der Fotografin Monika Wrba zu einem Interview und befragten sie nach ihren Beweggründen.
Liebe Schwester Regina, vorab herzlichen Glückwunsch zur Feierlichen Profess, können Sie uns ihren Glaubensweg bis zu diesem Festtag erläutern?
Herzlichen Dank für die Glückwünsche. Ich würde es nicht unbedingt Glaubensweg bezeichnen, sondern eher die Vorbereitungszeit bis zur endgültigen Entscheidung für die Gemeinschaft und den Ort bzw. von der Gemeinschaft für mich. Zu Beginn des „Prozesses“ steht ein erstes Kennenlernen. Da ich bereits aus einer geistlichen Gemeinschaft kam, war diese Prozess für mich natürlich etwas anders. Ich lernte die Gemeinschaft während eines mehrwöchigen Aufenthaltes im Jänner 2018 kennen. Ich nahm die Gemeinschaft als sehr offen und lebendig war. Nachdem ich meinen Wunsch geäußert hatte in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden, durfte ich im Juni 4 Wochen in der Klausur mitleben. Nachdem sich beide Seiten für den nächsten Schritt – das Postulat – ausgesprochen hatten, bin ich dann am 2. Oktober 2018 als Postulantin aufgenommen worden. In dieser Zeit lernt man das tägliche Leben der Gemeinschaft kennen.
Es war für mich eine sehr spannende Zeit, da ich von einer jungen geistlichen Bewegung in eine Gemeinschaft mit langer Tradition gekommen bin. Man kann sagen, dass zwei Welten aufeinandertrafen und diese gehörte es nun zu vereinen.
In gegenseitigem Einverständnis ist der nächste Schritt die Aufnahme ins Noviziat und die Einkleidung. Bei der Einkleidung wurde mir das Ordenskleid überreicht und der Ordensname gegeben. Ich durfte meinen Taufnamen Regina behalten. Für mich ist dieser Name schon Programm genug. Mein Namenstag ist der 22. August - Maria Königin. Zu meiner Freude habe ich in unserem Münster das erste Mal eine Darstellung der Hl. Regina gefunden. Wenn das kein Zeichen ist?
Während des Noviziats habe ich verschiedensten Unterricht erhalten: Einführung in die Regel des Hl. Benedikt, Hausgeschichte, Einführung in die Gregorianik und Singstunden. Verschiedene Stunden des Tages waren der Arbeit gewidmet: Dienste in der Gemeinschaft, Mithilfe im Gästehaus.
Schließlich wurde ich zur zeitlichen Profess zugelassen und konnte die Ausbildung der Vereinigung der deutschsprachigen Benediktinerinnen absolvieren: Einführung in das Alte und Neue Testament, Kirchengeschichte, Kirchenväter, Psalmen, Sakramente. Besonders angesprochen hat mich der Austausch mit anderen Novizinnen und Novizen, die Vertiefung in die theologischen Fächer und die kompetenten Referentinnen (Ordensfrauen)!!!!
Für mich war die Zeit von der Zeitlichen bis zur Ewigen Profess sehr, sehr wichtig. Ich bin immer mehr in die Gemeinschaft hineingewachsen, aber trotzdem war ich noch nicht vollwertiges Mitglied. Mit meinem Alter und meiner Lebenserfahrung war das nicht immer einfach.
Was war für Sie bei der Feier besonders eindrucksvoll?
Für mich war es ein Fest der Freude und des Dankes für die weltliche und die geistliche Gemeinschaft, der ich mich jetzt zugehörig fühle. Meine vier Geschwister nahmen aktiv am Gottesdienst teil. Ein großes Geschenk war für mich, dass mein Zwillingsbruder Thomas (Prior des Benediktinerklosters Gut Aich im Salzkammergut) mit einem Teil seines Konvents gekommen war und die Festpredigt hielt. Auch Bruder David Steindl-Rast, der große spirituelle Lehrer, war anwesend. Als Zelebrant stand der Abtpräses der slawischen Benediktinerkongregation Jeronim Adam Marin OSB aus dem kroatischen Kloster Ćokovac am Altar, ein Freund unserer Familie.
Der Freundeskreis der Abtei war durch die 1. Vorsitzende Frau Annemarie Biechl, Herrn Klaus Stöttner, Herrn Martin Weichselgartner und Herrn Franz Stettner vertreten. Das war mir auch sehr wichtig, da wir als Konvent dem Freundeskreis sehr zu Dank verpflichtet sind.
Viele haben mitgeholfen, nicht nur der Konvent, sondern auch Menschen die uns bzw. mich mögen und alles taten um den Tag schön werden zu lassen.
Wie war Ihr bisheriger Glaubensweg bzw. hat es ein Schlüsselerlebnis gegeben für den Eintritt in das Kloster?
Ich komme aus einem sehr katholisch geprägten Elternhaus. Meine Mutter war in der Pfarre sehr aktiv und wurde als erste Frau in den Pfarrgemeinderat gewählt, wo sie sogar als stellvertretende Vorsitzende gewirkt hat. Sie war auch die erste Lektorin. Also eine Art Pionierin. Ich habe dann die sogenannte katholische „Karriere“ gemacht. Jungschar, katholische Jugend, wurde in den Vorstand der katholischen Jugend unseres Dekanates gewählt und spielte in der katholische Jugend auch Theater. Eigentlich wollte ich auch ministrieren, aber das durften Mädchen damals nicht. Der Fußball war für mich sehr wichtig und ich durfte trotzdem mit den Ministranten Fußball spielen. Man kann sagen, das ich das erste Mädchen in unserem Ort war, dass Fußball gespielt hat.
Schulisch gesehen, habe ich die Volks- und Hauptschule in unserem Ort abgeschlossen und habe dann die 3jährige Handelsschule in der Wiener Neustadt besucht. Danach arbeitete ich im Büro der elterlichen Autowerkstatt. Am liebsten hätte ich Mechanikerin oder Karrosseriebauer gelernt, doch damals war es noch nicht möglich. Nach einigen Jahre hatte ich den Wunsch, aus dem kleinen Dorf wegzugehen und etwas Neues kennenzulernen. Ich hatte in der Zwischenzeit die Fokolar-Bewegung kennengelernt. Die Fokolar-Bewegung ist eine neue geistliche Bewegung, die von Chiara Lubich 1939 in Trient gegründet wurde.
Als ich Mitte 20 war, spürte ich den Wunsch, Gott im Fokolar zu folgen. Ich ging also zur Ausbildung, zum „Noviziat“ nach Italien. Die Ausbildungsstätte war in der Nähe von Florenz. Eine starke Erfahrung war für mich, dass wir in meinem Jahrgang über 100 Frauen aus der ganzen Welt waren, das möchte ich nicht missen. Nach der Ausbildung bin ich dann weitere 10 Jahre dort geblieben, um beim Aufbau und der Weiterentwicklung eines Geschäftes mitzuhelfen.
Danach wurde ich gefragt, ob ich nach Stuttgart gehen könnte, um dort Teil eines Fokolars zu sein. Dort bin ich dann 9 Jahre geblieben, habe in einer japanischen Firma gearbeitet, die dort ihr Verkaufsbüro hatte. Ich durfte auch 3 Wochen nach London reisen, um mein Englisch zu verbessern. Nach ein paar Jahre wurde ich dann zur Kundendienstleiterin befördert. Ein sehr anspruchsvoller und anstrengender Job. Ich bin sehr viel in Europa herumgekommen, um unsere Kunden zu besuchen (Tschechien, Rumänien, Ungarn etc.). Ich habe wirklich sehr viel gelernt.
2015 kam dann der Ruf nach Wien, um Teil der Geschäftsführung eines Hotels, das der Fokolarbewegung gehört, zu werden. Mir war es auch deswegen wichtig, da es meinem Vater gesundheitlich nicht mehr gut ging und ich in seiner letzten Lebensphase unbedingt dabei sein wollte. Meine Mutter war 2013 verstorben.
Bedingt durch Überarbeitung, den Tod des Vaters, schlechte Erfahrungen in der Gemeinschaft geriet ich in eine existentielle Lebenskrise. Mir wurde eine lange Auszeit gewährt, die ich bei den Mönchen im Europakloster verbringen durfte.
Durch meinen Zwillingsbruder, der die Chorkapelle Frauenwörth neu gestaltet hatte, habe ich Äbtissin Johanna kennengelernt. Ich bat sie mir in meiner Krise durch geistliche Begleitung zu helfen. So kam ich hierher.
Durch den Kontakt mit benediktinischem Leben in der Gemeinschaft meines Bruders, mit Äbtissin und Schwestern des Konvents auf Frauenwörth habe ich erneut den Ruf verspürt, Gott mein Leben zur Verfügung zu stellen.
Was wünschen Sie sich für das Kloster Frauenwörth?
Was wünsche ich mir für uns, den Konvent des Klosters Frauenwörth, mit dieser langen Tradition? Sicherlich könnte ich sagen – Nachwuchs, dass es wieder Schwestern auf Frauenwörth gibt. Wir sind zur Zeit 14 Schwestern in vorgerücktem Alter. Etwas anderes ist mir noch wichtiger. Eine italienische Redewendung drückt es für mich am besten aus: „Tornare all‘ Incanto del primo Amore“. Übersetzt heißt das, kehren wir zum Zauber der ersten Liebe zurück.
Die Frauen von heute haben viele Möglichkeiten, die die Frauen von früher nicht hatten. Wenn Sie sich entschließen sich einem Kloster zu nähern, dann sind sie auf der Suche nach Authentizität. Mich beeindruckt immer die Geschichte von Scholastika und Benedikt: „Die Liebe steht über dem Gesetz.“ Man sagt von der seligen Irmengard, dass es zu ihrer Zeit keine Armen im Chiemgau gab. Ich wünsche uns, dass man einmal von uns sagen kann, wie von den ersten Christen: „Seht wie sie einander lieben.“
Liebe Schwester Regina, vielen Dank für das Gespräch, Ihnen und Ihrem Konvent weiter alles Gute und Gottes Segen.
Interview: © Toni Hötzelsperger - Fotos: Monika Wrba (© Abtei Frauenwörth)